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Frauengeschichten aus Kropp und Umgebung

Eine kleine engagierte Gruppe von Frauen erforscht die Geschichte bedeutender weiblicher Persönlichkeiten aus Kropp und der Umgebung. Durch intensive Recherchen bringen sie vergessene Lebensgeschichten ans Licht und bewahren sie für die Zukunft.

Haben Sie Interesse, mitzumachen? Neue Mitstreiterinnen sind herzlich willkommen!


Gleichstellungsbeauftragte

Frau Andrea Heinrich

Am Markt 10
24848 Kropp

04624 7231
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Frauengeschichte aus Kropp und Umgebung: Gertrud Koch

Frauengeschichte in Kropp ist unweigerlich mit den diakonischen Einrichtungen der Gemeinde verbunden. Gertrud Koch in ihrem jahrzehntelangen Wirken als Oberin galt als energiegeladen, resolut und in vielerlei Sinne prägend.


Gertrud Koch

07.03.1889 - 27.09.1971

Frühes Leben und Berufung

Am 7. März 1889 wurde Gertrud Koch als Tochter des Gymnasiallehrers Dr. Julius Koch und seiner Frau Agnes (geb. Bonus) in Flensburg geboren. In Glücksstadt an der Elbe verbrachte sie ihre Kindheit und Jugendzeit. Wie ein akademischer Haushalt der damaligen Zeit vermuten ließe, genoss sie eine gute Schulbildung und absolvierte anschließend eine Ausbildung zur Lehrerin für neue Sprachen am Seminar in Schleswig, welches sie bis 1909 mit einem Sprachlehrerin-Examen abgeschlossen hatte. In der Schleswiger Zeit lebte sie im Haushalt des Domschuldirektors Hinrichsen. Durch dessen Freundschaft mit Pastor Paulsen, dem Gründer der Heilanstalten in Kropp, lernte die junge Gertrud die diakonische Arbeit in der Gemeinde kennen und Pastor Paulsen schätzen. Gegen den anfänglichen Widerstand ihrer Eltern, die auf eine Bedenkzeit bestanden, entschied sie sich für die Arbeit in Kropp und wurde in einem Mitternachtsgottesdienst am 7. Juli 1909 zur Oberin einer zünftigen Schwesternschaft in Kropp bestimmt.

Oberin in Kropp: Aufbau und Wandel

Nach einer kurzen Ausbildung in Remscheid und Berlin wurde sie am 29. Mai 1910 im Alter von nur 21 Jahren als Oberin eingesegnet. In den folgenden 48 Jahren prägte sie die Diakonie in Kropp maßgeblich:

  • Aufbau der Schwesternschaft: Unter ihrer Leitung wuchs die Schwesternschaft stetig. 1936 erreichte sie mit 127 Schwestern ihren Höchststand.
  • Erweiterung der Aufgaben: Neben der Betreuung von Patientinnen wurden auch Kinder aufgenommen. Das Haus Emmaus diente als Schule, und Gertrud Koch setzte sich für die Ausbildung und Vermittlung der Schulabgänger ein.
  • Gründung einer Krankenpflegeschule: 1931 wurde eine staatlich anerkannte Krankenpflegeschule für die Ausbildung der Kropper Schwestern eröffnet.
  • 1913 wurde das Mutterhaus Bethanien als Verein „Diakonissenhaus Bethanien in Kropp“ offiziell eingetragen.

Herausforderungen in Kriegs- und Nachkriegszeit

Der Nationalsozialismus mit seinem unwürdigen Umgang geistig Kranker und der Zweite Welt markiert auch im Wirken der Oberin deutliche Einschnitte. Grundsätzlich schien die nationalsozialistische Führung positiv aufgenommen worden zu sein; 1935 waren über 50% der Schwesternschaft Mitglied in der NS-Frauenschaft. Oberin Koch trat 1937 in die NSDAP ein.  Mit Ausbruch des Krieges musste in Kropp für zusätzliche Patientinnen aus Kiel und Schleswig Platz geschaffen werden. Die Anstalt zählte in dieser Zeit bis zu 800 zu Versorgende. Dorothee Paetschke schreibt über diese Zeit: „Doch jemand war bei all den chaotischen Zuständen glücklich: Oberin Gertrud Koch. Nun konnte sie doch einmal wieder nach Herzenslust organisieren, umräumen, schon lange fällige Verbesserungsvorschläge realisieren. Sie war in ihrem Element.“ Die 1940er Jahre waren geprägt von Abtransporten zunächst jüdischer Patientinnen und der im März 1942 angesetzten Räumung der gesamten Diakonieanstalt. Die Euthanasieprogramme waren in dieser Zeit der Anstaltsleitung bekannt. Die Leitung versuchte, Patientinnen von ihren Angehörigen abholen zu lassen. Dies gelang bei 31 von 519 Patientinnen. 60 der Kropper Patientinnen wurden nach Pfaffenrode verlegt. Belegt ist hier die Initiative von Oberin Koch, im Auftrag von Verwandten sich für den Rücktransport einzelner Frauen eingesetzt zu haben. Anderseits muss festgehalten werden, dass Oberin Koch noch 1965 den Tod von Kropper Patientinnen, die nach Altscherbitz verlegt waren, einer natürlichen Ursache zuschrieb.

Ihre Schwesternschaft schildert sie als energiegeladen, anpackend aber auch bestimmend. Im Protokoll des Kirchenvorstandes aus dem Mai 1930 hieß es bereits „Die Oberin führt ein zu absolutes Regiment. Ein Schwesterrat ist notwendig“ Eine Energie, die ihr in den Hungerwintern der späten 1940er Jahre hilfreich zur Seite stand, als Oberin Koch versuchte, die Versorgung der Schwesternschaft eigenständig auf Streichzügen durch die Umgebung mit Anfragen bei Bauern sicherzustellen. 

In ihrem Wirken kam auch ihre intellektuelle Seite nie zu kurz; Konzertabende oder aber weltweite Korrespondenz begleiteten sie stetig.

Anerkennung und Vermächtnis

1954 wurden ihre Verdienste mit der Wichernplakette und 1958 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.  Im Alter von 69 Jahre gab Gerturd Koch ihr Amt im Jahr 1958 an Elisabeth Volkening ab. Mit ihrem Eintritt in den Ruhestand verließ sie Kropp und zog nach Bad Meinberg. Auf einer Reise durch Frankreich und Italien im Jahr 1971 wurde Gertrud Koch vorm Mailänder Dom von einem Auto erfasst und starb kurz darauf.

Kropper Frauengeschichtswerkstatt

Verfasst von Dania Lins

Kropp, im November 2024



 
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